8. Dezember – Das Johannestor

Foto: Marion Eich-Born

Mit zunehmendem Handel wuchs die Einwohnerschaft Erfurts erheblich an. Mitte des 13. Jahrhunderts zählte Erfurt zu den mittelalterlichen Großstädten und dürfte um die 20.000 Einwohner beherbergt haben. In ihrer städtischen Bedeutung war sie damals auf gleichem Niveau mit Nürnberg, Lübeck und Köln. Hinsichtlich der Größe des Stadtgebiets übertraf Erfurt mit 127 ha andere deutsche Städte: Hamburg 18 ha, Frankfurt am Main 21 ha, Dortmund 81 ha. Das mag uns aus heutiger Sicht sehr verwundern, lässt sich aber mit dem Kauf des umgebenden Landgebiets durch die Stadt Erfurt erklären. Dort lagen die landwirtschaftlichen Felder, auf denen die im Ort ansässigen Landwirte die drei Ws für das immense ökonomische Wachstum sicherten: Wolle, Weizen, Waid.

Zum Schutz der Einwohner vor den Landgrafen von Thüringen ließ das Erzbistum 1168 eine erste Stadtmauer errichten, die bis 1873 Bestand hatte. Sie umfasste 8 km, war drei bis vier Meter hoch. Ihr Durchmesser dürfte einen Meter betragen haben. Deutlich ersichtlich ist in unserer historischen Karte vor der Mauer der Wehrgraben, die Wilde Gera.  Insgesamt 50 Wachtürme sorgten für die innerstädtische Sicherheit.  Das Johannestor war in den Nordosten ausgerichtet und eines der 8 Tore des ersten Befestigungsrings. Das Tor selbst soll erst 1444 fertiggestellt worden sein.

Quelle: https://www.via-regia.org/eng/via_regia/geschichte/einzelthemen/thueringen/erfurt1.php#Anchor-Das-48445

An diesem Turm war das Johannes-Relief angebracht. Nach Abbruch des Tors wurde die Steintafel mit Johannes dem Täufer in die noch bestehende Restmauer seitlich des alten Tores eingelassen. Wie in vielen anderen Städten auch, war dieses Tor nach der benachbarten Johanneskirche benannt, die ebenfalls im 12. Jh. errichtet worden sein soll. Sie ist auf unserer historischen Karte unterhalb des inneren Johannestors zu sehen. Auf dem heutigen Stadtplan ist nur noch der Turm eingetragen, der eigentliche Kirchenbau wurde 1819 abgerissen. Der Turm übt bis heute die Funktion eines Glockenturms für die Augustinerkirche aus.

Stadtauswärts war das Johannestor in Richtung, Sömmerda, Sangerhausen, Magdeburg und Braunschweig ausgerichtet. Viele Waidanbaugebiete lagen jenseits dieses Tores. Stadteinwärts führt die Johannesstraße Richtung Anger, dem mittelalterlichen Waidhandelsplatz. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Kaufmannsviertel waren vor allen Dingen Gewerbetreibende angesiedelt, in Richtung Stadttor waren es Tagelöhner, eigentlich ein Armeleuteviertel. Deshalb hatte der Rat der Stadt einen sogenannten Bettelkönig ernannt, der von Handwerkern und Kaufleuten ein Almosen erbat, um die eingeworbenen Finanzmittel dann an die städtischen Bettler zu verteilen.

Quellen: 
Helmut Peinhardt: Wehrhaftes Erfurt. Die mittelalterliche Stadtbefestigung. Rudolstadt und Jena 1996
und Landeshauptstadt Erfurt (Hrsg.): Tolle Jahre. Ander Schwelle der Reformation. Erfurt 2017

Veröffentlicht von corioluskraft24

Verfasser der Kommentare zum Adventskalender 2020

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