21. Dezember – Biereigner und Waidjunker

Foto: Marion Eich-Born, Das heutige Stadtarchiv, ehemaliges Bürgerhaus von Ratsherr Otto Ziegler

Die eigentliche Veredelung von Waid zum Blaufärbemittel vollzogen die Waidjunker. Die Verarbeitung geschah auf eine Weise, die in Erfurt die Atmosphäre in vielerlei Hinsicht stark beeinträchtigt haben dürfte, denn Urin diente u.a. als Gärungsmittel. Und hier schließt sich der Kreis zu den Bierbrauern, die oftmals unmittelbar mit den Waidjunkern identisch waren. Sobald ihr Bier gebraut war, beauftragten sie die Bierrufer auf Junkerhof aufmerksam zu machen, oder sie hängten einen Büschel Stroh aus einem der beiden Löcher über ihren Torbogen heraus. Das bedeutete dann, dass man „einen Tag blau“ machte für die Bierproduktion und die anschließende Blaufärbeaktion. Der Waidhandel war in der damaligen Zeit ausgesprochen lukrativ mit einer 25prozentigen Gewinnspanne. Davon würde heute so manch ein Produzent im Textilgewerbe in Europa träumen.

Die Produktion war im Mittelalter stark reglementiert. Die Bauern verkauften die Waidbälle auf dem Anger. Die eigentliche Produktion der blauen Farbe erfolgte dann durch die Waidjunker. Sie ließen die Waidbällchen auf dem Waidboden zerschlagen und befeuchteten sie u.a. mit Urin, um den Gärungsprozess in Gang zu setzen. Daraus bildete sich schließlich Indigo, die blaue Farbe. Die Herstellung der blauen Farbe aus Färberwaid war in Deutschland im Wesentlichen auf Thüringen beschränkt, in Italien war die Produktion von Färberwaid auf die Region um Urbino, in Frankreich auf den Großraum Toulouse konzentriert. Im 17. Jh. erlebte die Waidwirtschaft in Erfurt ihren Niedergang, da die Ost-Indien-Kompanie sehr zügig nach ihrer Gründung  das indische Indigo in Europa einführte, das die dreißigfache Farbstoffmenge gegenüber dem Färberwaid garantierte. Damit war die Hochzeit der Waidjunker im Erfurter Becken beendet.

Quellen:
Landeshauptstadt Erfurt (Hrsg.): Es braut sich was zusammen. Erfurt und das Bier. Erfurt 2018
Antje Bauer: Erfurt: Bilder und Geschichte(n). Arnstadt 2017

Veröffentlicht von corioluskraft24

Verfasser der Kommentare zum Adventskalender 2020