23. Dezember -Regler, Augustinertor

Für die heutige Reglerkirche wird der ursprüngliche Baubeginn auf 1160 bzw. 1170 geschätzt. Sie geht auf die Bruderschaft der Augustiner-Chorherren zurück, die nach den Regeln des heiligen Augustin in einer klösterlichen Gemeinschaft lebten. Sie hatten zunächst ihren Wirkungskreis bei der Allerheiligenkirche und der Engelsburg in der Allerheiligenstraße. Ein Armenhospital gehörte ebenfalls dazu. Sie übten nicht nur die Pfarrrechte für Taufe, Predigt und Beichte aus, sondern auch für den Krankenbesuch. Weitere soziale und kommunale Aufgaben in der aufstrebenden Handelsstadt Erfurt werden ihnen ebenfalls zugeschrieben.

Wer sein Ordensgelübde ablegte, verpflichtete sich auf die Lebensweise der vita canonica: gemeinsames Wohnen, Essen im Kloster sowie Verzicht auf weltlichen Besitz. Als Mönche im klassischen Sinne verstanden sie sich gemäß der canonici regulares nicht, wohl aber als klösterliche Priestergemeinschaft, die sich klerikalen Wirkungsbereichen zuwandte. Da die Reglerbruderschaft ihre Brüder über die Patriziersöhne der Stadt Erfurt rekrutierte, unterhielt das Stift rege Kontakte zum Stadtrat und zum Besitzbürgertum.

Wer die Kirche heute betritt, schreitet durch den hochromanischen Teil, das Portal zwischen den beiden Türmen aus der gleichen Bauepoche. Dahinter erschließt sich der hochgotische Teil der Kirche, die vierjochige Pfeilerbasilika, die um eine Seitenschiffsbreite erweitert wurde. Das Langhaus und der Chor wurden nach dem großen Stadtbrand von 1291 sukzessive erneuert. Der Wiederaufbau soll um die Mitte des 14. Jh. vollendet worden sein. Im Chor erschließt sich dem Blick einer der großen, künstlerisch sehr wertvollen Flügelaltäre des Mittelalters, der durch Öffnen und Schließen der Doppelflügel auf die verschiedenen Höhepunkte des Kirchenjahres ausgerichtet werden kann.

Auf unserem Kalenderbild ist die Festtagsseite des Altars zu sehen. Es wird vermutet, dass mindestens zwei Künstler, ein Maler und ein Schnitzer, den Altar im 15. Jh. geschaffen haben. Ihre Namen sind nicht bekannt, deshalb findet sich in der Literatur immer wieder die Notbezeichnung, die „Meister des Regleraltars“. Die Festtagsseite umfasst den inneren Mittelschrein und die beiden Flügel jeweils zur linken und zur rechten Seite. Im Mittelschrein ist im Zentrum die Krönung Mariens zu sehen. Linker Hand erschließt der Künstler in sechs Schnitzreliefs das Thema die „Freuden Mariens“ auf zwei Geschoßebenen: die Verkündigung der frohen Botschaft durch den Engel an Maria, die Geburt Christi, die Anbetung durch die drei Könige auf dem oberen Geschoß, unten die Darstellung im Tempel, der 12Jährige Jesus im Tempel und Marias Tod. Auf der rechten Seite sind die „Leiden der Mutter Gottes am Sohne“ in sechs Schnitzreliefs thematisiert: Verrat durch Judas, Jesus vor Kaiphas, Christus als Schmerzensmann vor Pilatus, Kreuztragung, Kreuzigung und Auferstehung Jesu.

Es lohnt sich, den Altar über eine professionelle Führung anzuschauen und erklären zu lassen.

Quellen:
Gerhard Kaiser und Roland Möller: Die Reglerkirche zu Erfurt. Regensburg 1998
Antje Bauer: Erfurt: Bilder und Geschichte(n). Arnstadt 2017

Veröffentlicht von corioluskraft24

Verfasser der Kommentare zum Adventskalender 2020

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